Erfahrungsberichte zur "Elektra microcasa semiautomatica"
Erfahrungsbericht Goglo (Elektra microcasa semiautomatica)
Äusserlichkeiten
Aussergewöhnlich sieht sie schon aus, diese Espressomaschine. Ganz und gar nicht im mehr oder weniger abgerundeten kastigen Design mit vorne angeflanschter Brühgruppe der sonstigen Zweikreiser. Aber ansonsten wie die anderen auch im gefälligen Chrom gehalten erinnert sie wegen ihres aufrecht stehenden Boilers eher an Handhebelmaschinen als denn an die üblichen Bauweisen zweikreisiger Espressomaschinen.
Daraus ergibt sich auch sofort der erste, augenfällige Nachteil: Keine Wärmfläche für die Tassen. Dann noch keine Isolierung des Boilers und heisse, aussenliegende Wasserleitungen. Aber so ist die gesamte Maschine konzipiert: Man bekommt, was man sieht. Keine Geheimnisse werden versteckt. Alles ist offen ersichtlich, lediglich die Pumpe (im Sockel), das Entlüftungsventil (zwischen Kessel und Tank) und der Pressostat sind dem Auge des Betrachters verborgen. Alles andere, inklusive des durch ein verchromtes Rohr geführtes Kabel für das Magnetventil ist offen ersichtlich.
Das begeistert Technikpuristen, ist andererseits der anstehenden Putzerei nicht unbedingt zuträglich -- sind doch die lichten Räume zwischen den diversen Röhrchen und dem Kessel nicht so weit, als dass sie von dicken Fingern leicht poliert werden könnten. Hier muss halt das Handtuch zum Zwecke des Polierens hindurchgeführt werden ohne mittels Fingern Druck auszuüben. Harley-Fahrer wissen wovon ich rede. Insofern ist die semiautomatica die eigentliche "Kaffeeharley", wobei dieses Prädikat üblicherweise E61-Maschinen zugesprochen wird - die semiautomatica ist keine. Putzen ist aber insofern kein Problem, als dass sich Kaffeespritzer haptsächlich auf dem Boiler in der Nähe der Brühgruppe finden, und dieser Bereich von Wasserleitungen weitgehend ausgespart bleibt. Also glänzt meine semiautomatica auch ohne übertriebenes Putzen.
Einziger und alleiniger Wermutstropfen ist die viel zu kleine Abtropfschale, in die zu allem Überfluss (wo sollte es auch sonst hin) der Druck aus der Brühgruppe abgeleitet wird. Regelmässiges Leeren ist also Pflicht - ein Leerbezug in die Abtropfschale verbietet sich selbstredend - der Auffangbehälter fasst mal gerade die 150ml dreier Espressotassen. Und dann ist das Ausleeren schon ein Balanceakt um nichts zu verschütten. Wo gerade von Leerbezug die Rede ist: Dieser ist absolut notwendig, auch nach nur kurzer Standzeit - der Boiler im Boiler scheint sehr klein zu sein und die Temperatur des umgebenden Boilerwassers ist sehr schnell erreicht. Für den Leerbezug habe ich mir aus optischen Gründen ein Butterschmelztöpfchen aus Edelstahl besorgt, welches dann dann in das nahegelegene Spülbecken ausgeleert wird. Somit wandert bei mir nur das überschüssige Wasser aus dem Brühvorgang in die Abtropfschale. Und dafür ist sie ausreichend dimensioniert.
Innere Werte
Über die inneren Werte kann ich nicht allzuviel sagen, habe sie halt noch nie geöffnet und beinahe alles ist von aussen ersichtlich ;)
Espresso
Über jeden Zweifel erhaben. Macht alles was man von einer Espressomaschine erwartet. Und das gut. Wenn man nur den Leerbezug beachtet. Wenn nicht, kann es durchaus zu "verbranntem" führen.
Aufschäumen
Ist auch ganz simpel: Kännchen mit Milch füllen, Dampfventil aufmachen, schäumen. Führt auch bei Newbies zu adäquatem Milchschaum. Der Dampfrüssel ist fest montiert, er lässt sich weder schwenken noch drehen -- es ist auch kein Rückschlagventil montiert, weshalb freipusten nach dem Aufschäumen unabdingbar ist. Einzelne Löcher verstopfen oder gar eine andere Düse besorgen, ist komplett überfüssig -- alles ist so ausgerichtet, dass es ab Werk für den "normalen" Haushalt funtkioniert.
Bisherige Probleme
Von Problemen vermag ich bislang nicht zu berichten, ausser der Frage, wie denn das Rückspülen bei dieser winzigen Abtrofschale funktionieren soll. Ganz einfach: Man besorge sich einen Schlauch aus einem Modellbaugeschäft und stecke diesen auf das Rohr, welches normalerweise in die Abtropfschale führt. Das andere Ende geht bei mir in eine leere Flasche, welche dann die gesamten Abwässer aufnimmt.
Update nach vier Jahren
Gerade innerhalb des letzten Jahres habe ich einiges geschraubt und ausgetauscht, wovon ich unter den Reparaturtips zur Microcasa_semiautomatica berichtet habe. Restrospekiv sind die aufgetretenen Wartungsarbeiten die im Grunde nur die folgenden:
- Pressostat verkalkt, ausgetauscht. (Entkalken hätte wohl auch gereicht)
- neues Brühsieb und -gruppendichtung (präventiv)
- Nachlassende Pumpleistung, Pumpe getauscht
Gerade mit der letzten Reparatur habe ich mir keinen Gefallen getan, da ich beim Zusammenschrauben geschlampt habe und mir aufgrund einer Undichtigkeit letztendlich eine Kontaktfahne zum Heizwiderstand wegkorrodiert ist. (Deshalb auch der Hinweis zu wiederholt genaustem Prüfen auf Undichtigkeiten.) Zum anderen war der Austausch der Pumpe überflüssig, da die nachlassende Wasserförderung auf den beschriebenen Kalkpfropfen in der Brühgruppe zurückzuführen war. In Konsequenz war dann aber ein neuer Heizwiderstand nötig, den ich dann überflüssigerweise auch noch ein wenig zu fest angeknallt hatte, weswegen kurzerhand noch einer fällig war.
Alles in Allem erweckt die Einzeldarstellung in den Reparaturtips schon den Eindruck einer empfindlichen Maschine; insgesamt mag ich der semiautomatica nur eine gewisse Kalkempfindlichkeit bescheinigen. Das allerdings in der Verrohrung und nicht im Boiler, der war bis auf ein paar vereinzelte Pusteln blank. Was im Gegensatz zu anderen Maschinen auch zur Verkalkung neigt, ist der Tank, der ja über dem Boiler angebracht und somit immer gut beheizt ist. (Tanks anderer Maschinen tendieren zur Entwicklung von Biodiversität; bei der semiautomatica wird diese wegen der erhöhten Temperatur im Tank gezielt abgetötet.)
Meine Maschine ist nun vier Jahre alt (wovon sie fast ein Jahr 24/7 lief) und im Grunde genommen war alles was ihr fehlte, eine Entkalkung der feinen Röhrchen. Betrieben habe ich sie mit mit veränderlichen Anteilen verschnittenem Brita-gefiltertem und ungefiltertem Pariser und Kölner Leitungswasser. Die beiden gehören sicherlich zu den unbestritten härtesten Europas.