Brühdrucktuning Bezzera BZ 99

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Dieser Artikel beschreibt die Erweiterung einer Bezzera Espressomaschine des Typs BZ99 mit Ulka-Pumpe um ein einstellbares Exapnsionsventil im Kaltwasserbereich. Angestrebtes Ziel war eine Einstellung zwischen 8 und 10 Bar Brühdruck mit möglichst wenig Aufwand und bei völliger Rückrüstbarkeit der Maschine in den Originalzustand. Sonstige allgemeine Hinweise unter Brühdruck.

Einleitung

Wer sich ein wenig in den einschlägigen Foren im Internet umsieht und eifrig liest - sei es das angesehene Kaffeeboard-Forum oder coffee-geek.com oder auch die nicht nur alten Hasen bekannte Newsgroup alt.coffee -, steht schon nach knapper Lektüre unter dem beinahe hypnotischem Bann gleichkommenden Eindruck, dass man Espresso gar nicht mit der frisch erworbenen Mühle und Maschine "einfach so" zubereiten kann. Im Gegenteil. Die ganze Branche - Hersteller wie Handel - müsse letztlich ein verschworener Haufen von Wegelagerern sein, der dem Kunden nur dejustierten und in jeder Hinsicht technisch unzulänglichen Kram verkaufe. Ohne korrigierende Umbauten und Feineinstellungen mit Apparaten vorgenommen zu haben, die noch einem ambitionierten Neurochirurgen Respekt abverlangen, sei man wohl zum Scheitern verurteilt.

Diesem Eindruck soll hier in aller Deutlichkeit korrigierend widersprochen werden. Wenn im folgenden Text von Optimierung oder ähnlichem die Rede ist, dann ist damit gemeint, dass man die Bezzera nach Ausschöpfen derjenigen Mittel, die für die ordnungsgemäße Espressozubereitung notwendig sind, und das meint vor allem

das Erlernen der korrekten Zubereitung von Espresso (Wasserwahl, Bohnenwahl, Mahlen, Tampen, Bezugstechniken) wie der korrekten Bedienung eines Zweikreisers,

zu noch besseren Ergebnissen bringen kann. Aber sie bewegen sich in einem Bereich, der sich einem Anfänger nicht notwendig sofort erschließt. Er wird den Unterschied womöglich schlicht nicht schmecken. Es sind vielleicht lediglich die berühmten letzten fünf Prozent ... Alle, die also mit den Grundlagen der Zubereitung noch ringen (keine Crema, viel zu sauer, viel zu bitter, zu heiß, zu kalt, keine 25 Milliliter Sirup in 25 Sekunden a coda di topo, also wie ein Mäuseschwanz am Auslauf des Siebträgers), brauchen nicht weiterlesen. Man wird durch Brühdruckreduktion ebenso wenig zum Barista, wie durch Fußballschuhe mit tollen Stollen zum Stürmerstar.

Motivation

Wenn man allerdings einmal so weit ist, dass man einen perfekten Espresso immerhin ab und zu mal hinbekommt, wenn man so weit vorgedrungen ist, dass man feinere Unterschiede nicht nur sieht, sondern auch schmeckt, und wenn man dann Pucks vergleicht und sich fragt, wie so starke Schwankungen trotz monatelangen Tampingtrainings und perfekter Beherrschung der Mühlenjustierung noch möglich sind, der hat wohl Grund, über die Brühdruckjustierung nachzudenken.

Was ist der Brühdruck überhaupt?

Brühdruck ist derjenige Druck, den die Pumpe gegen den zunehmend mit Wasser durchtränkten Kaffeemehl-Kuchen im Siebträger aufbaut. Die meisten aktuell verbauten sog. Vibrationspumpen, die in den für den Heimgebrauch vorgesehen Maschinen ohne Festwasseranschluß ihren Dienst verrichten, weisen einen maximalen Förderdruck von ca. 15 Bar auf. Effektiv liegen bei den meisten Maschinen um die 13 Bar am Siebträger an. Die Differenz ist den wechselnden Leitungsquerschnitten und der korrespondierend schwankenden Fließgeschwindigkeit sowie den durch Umlenkung entstehenden Wirbeln geschuldet.

Was ist der ideale Brühdruck und warum?

Der ideale Brühdruck ist derjenige Druck, der eine Durchflußgeschwindigkeit des Wassers durch den Kaffeemehl-Kuchen im Siebträger erzeugt, die


  • den Kaffeemehlkuchen gleichmäßig durchtränkt. Gerade bei zu hohem Brühdruck kann es leicht passieren, dass der Kaffeemehl-Kuchen an der Oberfläche aufgewühlt wird. Man sieht dann kleine Krater und Spülrinnen. Ebenso wird die Wasserkanalbildung, das sog. Channeling, begünstigt. Es bewirkt, dass das Wasser dem Prinzip des geringsten Widerstands folgend durch Kanäle und Einschußlöcher am Kaffeemehlkuchen vorbeirauscht und nicht das Kaffeemehl gleichmäßig durchtränkt. Das Ergebnis ist ein wässrig-bitterer Espresso. Zusätzlich bewirkt ein hoher Brühdruck, selbst wenn kein Channeling vorliegt, stärkere Extraktion als ein niedriger, da das Wasser bei höherem Druck i.a.R. langsamer fließt.
  • schnell genug ist. Wenn das Wasser nämlich zu langsam den Kaffeemehl-Kuchen durchdringt, quillt der Kuchen zu lange und der resultierende Espresso schmeckt je nach Sorte mal mehr sauer, mal mehr verbrannt. Auf alle Fälle ist er "zu lang im Mehl gestanden".
  • langsam genug ist. Wenn das Wasser nämlich zu schnell fließt, bleibt der Kaffee oft wässrig und unterextrahiert. Das Ergebnis ähnelt dem, das bei Channeling resultiert.


Als ein guter, von vielen Heimbaristas akzeptierter Mittelwert zwischen den Extremen hat sich ein Brühdruck von ca. 8,5 bis 9,5 Bar herauskristallisiert. Der werksseitig bei der Bezzera BZ99 oftmals eingestellte Druck von 12 bis 13 Bar ist also ein wenig zu hoch. Wenn hier allerdings von zu hohem Druck die Rede ist, so ist dies bitte als Tendenzurteil zu lesen. Die Differenz von 2 bis 4 Bar über dem idealen Wert wirkt sich auf den Geschmack bei gelungenem Bezug weit weniger stark aus als ein zu geringer Brühdruck, der den empfohlenen Mittelwert um 2 bis 4 Bar unterschreitet. Das erklärt vermutlich auch, warum viele Hersteller hier schlicht zum sicheren Einstellungsbereich tendieren. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass ein einstellbares Ventil, dass einen Pumpenüberdruck ableitet, schlicht höhere Herstellungskosten und ein weiteres Teil, das versagen kann, bedeutet.

Problemlösung(en)

Die angestrebte Lösung sieht schlicht vor, ein Ventil zwischen Pumpe und Siebträger zu installieren, das alles, was über 9 bis 10 Bar hinausgeht, abscheidet.

Die haemmi-Methode

Eine vom Kaffeenetz-User haemmi vorgeführte Methode legte eine solche Anordnung nahe (zusätzlich anzuschaffende Teile fett markiert):

-|PUMPE|--|neues, justierbares (Bypass)Ventil|--|Druckschlauch|--|Schraubwinkel (ehemals an Pumpe)|--|PTFE-Schlauch im Messingüberwurf|-

Warum ausgerechnet so und nicht anders?

  • Insbesondere die Alternative, das bereits bestehende Expansionsventil, das zum Kessel hin sitzt, auszutauschen, ist nicht zielführend. Es hat nämlich ein durchaus willkommenes Rückschlagventil integriert.
  • Der Einbau des Ventils im Kaltwasserbereich gleich hinter der Pumpe ermöglicht eine Rückleitung des Ablaufvolumens in den Tank, ohne dass man Verunreinigung oder (zusätzliches) Aufheizen des Frischwassers im Tank befürchten müßte.
  • Es ist einfach.
  • Es ist rückrüstbar.
  • Es ist (vergleichsweise) günstig und platzsparend.

Der Umbau

Der Umbau selbst ist, die richtigen Teile und passendes Werkzeug vorausgesetzt, eine Sache von ca. 20 Minuten.

Vorbereitungen

Man benötigt

Werkzeug

  • Kreuzschlitz-Schraubendreher
  • Schraubenschlüssel (Maul)

Teile

  • 1x Expansionventil (Isomac-Überdruckventil; je baugleich für Zaffiro, Tea und Millenium)
  • 1x konusdichtender Druckschlauch
  • 1x Silikonschlauch 4x7
  • 1x Benzinschlauchfederklemme
  • Teflondichtband für Gewinde

Durchführung

Nachdem man den Netzstecker der Maschine gezogen, den Kessel vollständig entlüftet und die Tassen von der Ablage geräumt hat, entfernt man den Wassertank sowie den Tassenauflage-Einsatz. Die unter letzterem erscheinenden, in Schraubenrosetten geführten Senkkopfschrauben löst man mit dem Kreuzschlitzschraubendreher. Nun kann man den Deckel abnehmen. Anschließend hebt man die Seiten-/Rückabdeckung vorsichtig aus dem Rahmen. Auf der (vor der Maschine stehend und auf das Bedienfeld blickend) linken Seite sitzt eine Kabelschuhklemme, die es vor dem endgültigen Abziehen zu lösen gilt. Nun kann man den kleinen Winkel mit dem dünnen PTFE-Schlauch daran von der Pumpe mit einem Maulschlüssel lösen. (Es empfiehlt sich, mit einem entsprechenden zweiten Maulschlüssel gegenzuhalten.) Nun schraubt man das neue Ventil direkt in die Pumpe. An den Ablauf oben, der auf dem als "Einstellschraube" dienenden Federdeckel sitzt, steckt man den Silikonschlauch und führt ihn unter der Tankauflage neben dem Ablauf des zweiten Expansionsventils entlang. Auf das offene Ende des neuen Überlaufventils schraubt man den konusdichtenden Druckschlauch. In das freie Ende des letzteren den ehemals an der Pumpe verschraubten Winkel mit dem dünnen PTFE-Schlauch.

Erste Kontrolle

Jetzt kann man den Tank probehalber wieder einsetzen, die beiden Schläuche in selbigen hineinlegen und die Maschine wieder an den Strom anschließen. Es genügt für einen ersten Test auf Dichtigkeit der Leitungen völlig, die Pumpe kurz zu aktivieren. Wenn es an den frisch verschraubten Stellen nirgends tropft oder rinnt, ist die Montage als solche in Ordnung. Sodann kann man das Ventil als solches kurz auf Funktion testen, indem man den Siebträger mit dem für das Rückspülen verwendete Blindsieb in die Brühgruppe einspannt. Aktiviert man jetzt die Pumpe, sollte ein konstanter Wasserfluß vom Überlauf in den Tank zu sehen sein.

Einstellung des gewünschten Brühdrucks

Amtlich

Eine genaue Einstellung des Brühdrucks setzt die Verfügbarkeit eines funktionierenden Siebträgermanometers voraus. Dieses spannt man ein und justiert den Brühdruck durch Ein-/Herausdrehen des Schraubdeckels am frisch verbauten Expansionsventil so lange, bis das Manometer den gewünschten Wert anzeigt.

  • Dreht man den Gewindedeckel in das Ventil hinein, wird die darunter liegende Feder stärker vorgespannt, das Ventil löst später aus, und der Brühdruck steigt.
  • Dreht man den Gewindedeckel aus dem Ventil heraus, wird die darunter liegende Feder entspannt, das Ventil löst früher aus, und der Brühdruck sinkt.

Italienisch

Wer allerdings kein solches Manometer in erreichbarer Nähe hat oder dem Prinzip "Geschmack nach Zahlen" (aus gutem Grund) mißtraut, kann sich leicht anders behelfen: Bei drei gleichen Ventilen, die in immerhin zwei verschiedenen Maschinen (Baujahr 2006 und 2007) von mir ausprobiert wurden, lag die Einstellung von 9 bis 10 Bar Brühdruck in etwa dann an, wenn der Schraubdeckel plan mit dem Ventilzylinder abschloß. Von dieser Einstellung ausgehend kann man sich an den gewünschten Geschmack herantasten.

  • Dreht man den Gewindedeckel in das Ventil hinein, wird die darunter liegende Feder stärker vorgespannt, das Ventil löst später aus, und der Kaffee wird schneller durchspült. Der Geschmack ist etwas weniger aromatisch, Pucks zeigen oft Spülränder oder sogar Krater.
  • Dreht man den Gewindedeckel aus dem Ventil heraus, wird die darunter liegende Feder entspannt, das Ventil löst früher aus, der Brühdruck sinkt und der Kaffee wird aromatischer bzw. schmeckt "intensiver". Aber Vorsicht! Dreht man zu weit heraus, tendiert der Geschmack zum Sauren/Bitteren und die Crema zerfällt - wo sie überhaupt noch entsteht - binnen Sekunden.

Man sollte bei dieser Methode allerdings vor Entnahme der Probebezüge sowohl Seitenteil als auch Deckel immer wieder lose aufsetzen und ein wenig warten, um das Erreichen einer hinreichend hohen Betriebstemperatur für "Geschmackstests" zu gewährleisten.

Zusammenbau

Abschließend kann man die Maschine wieder vom Stromnetz trennen, den Tank entnehmen und das Seitenteil - nach dem Anschluß der Masseklemme - aufsetzen. Es gilt hier, die Laschen des Seitenteils unten richtig auf den Rahmen und den Falz des Seitenteils oben/vorne sauber in die "Zapfen" am Rahmen einzuhängen. Nun führt man im Verbund mit dem Silikonschlauch des originalen Expansionsventils den Ablauf des neuen Bypassventils durch das dafür vorgesehen Loch im Deckel und setzt letzteren wieder auf. Schrauben eingedreht, Tank und Tassenablagerost eingesetzt.

Der Rest ist Gefühlssache.

Weblinks zum Thema