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[[Bild:La Pavoni - Professional - PN.jpg|thumb|150px|Traditionelle Handhebelmaschine, hier aus optischen Gründen mit hochgestelltem Hebel abgebildet]]
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Espressomaschinen, bei denen der notwendige Brühdruck direkt oder indirekt per Muskelkraft erzeugt wird, stehen in der Evolutionsgeschichte der Espressobereitung ganz am Anfang. Genaugenommen war diese Bauart es, die den heutzutage üblichen Espresso (Brühtemperatur von 90-96°C bei einem Brühdruck von 9 bar) erst möglich gemacht hat. Bei den ersten Handhebelmaschinen musste der Barista den Druck noch per Muskelkraft selbst erzeugen, später kam man auf die Idee, den Druck durch eine in die Brühgruppe eingebaute Feder zu erzeugen. Der Barista musste dann nur noch die Feder spannen. Vorteil dieser Methode war ein, vom Erschöpfungszustand des Bedieners unabhängiger, konstanter Druck. Ein Nachteil ist allerdings die nicht unerhebliche Verletzungsgefahr, die von dem gespannten Hebel ausgehen kann! Alle Gastronomiemaschinen ab 1946 verwendeten diese Technik. Der Zeitraum vom Einfließen des Brühwassers bis zum Erreichen des Brühdrucks wird als Präinfusion bezeichnet. Sie bewirkt unter anderem eine gleichmäßige Befeuchtung des Pucks und kann [[Channeling]] entgegenwirken.
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Durch den Siegeszug der pumpenbetriebenen Maschinen ab den 1960ern, allen voran der FAEMA E61, wurden die Handhebelmaschinen fast überall vom Tresen verdrängt. In der Gegend um Neapel und in vielen südamerikanischen Ländern findet man aber auch heute noch solche Maschinen. 
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== Druckerzeugung ==
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Bis heute werden bei den Handhebelmaschinen zwischen zwei Arten der Druckerzeugung unterschieden:
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# Der Wasserdruck, den man auf den [[Kaffee]] ausüben will, wird mit der eigenen Armkraft erzeugt, - die [[Pavoni]] oder [[Poccino, Arte di|Poccino]] Handhebelmaschinen funktionieren so. Hier steht der Hebel in der Grundstellung unten und wird nach oben gezogen. Am oberen Endpunkt öffnet sich der Boilerzugang und heißes Wasser wird durch den Überdruck im Kessel (Pavoni: ca. 1,2 bar) auf den Kaffeepuck gedrückt. Dieser Druck ist von den angestrebten 9 bar noch weit entfernt, erst mit der Bewegung des Hebels nach unten wird das heiße Wasser durch den Kaffee gepresst - hoffentlich mit den idealen 9 bar. 
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# Man drückt über einen Hebel eine massive Feder im Innern der [[Brühgruppe]] zusammen und lässt diese dann den Wasserdruck auf den [[Kaffee]] ausüben. Auch hier strömt - hier jetzt am unteren Endpunkt des Hebels - das überheiße Brühwasser in den Brühkopf. Beim Loslassen entspannt sich die Feder und drückt das Brühwasser durch den Kaffeepuck und der Hebel kehrt langsam wieder in seine nach oben zeigende Grundstellung zurück. Beispiele dieser Maschinengattung sind die [[Faema Faemina]], die[[Microcasa a Leva]], die [[micro-Cimbali]] oder die Maschinen von [[Ponte Vecchio]]. Auch die die diversen heute noch in der Gastronomie eingesetzten Handhebelmaschinen haben diese Bauart.
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Beiden Varianten ist gemein, dass sie auf eine Pumpe zur Erzeugung des Brühdrucks verzichten. Also ein Verschleißteil weniger, das kaputt gehen kann. Bewegt wird nur der Hebel und dadurch der Kolben im Druckzylinder.
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Beiheizt werden die Maschinen elektrisch oder mit Gas. Bei der Ausführung mit Gas kann auf jeglichen Elektroanschluss verzichtet werden. Dies ist vor allem dort interessant, wo kein oder nur ein schwacher Elektroanschluss zur Verfügung steht.
 
   
 
   
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== Heizen der Brühgruppe ==
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Beim Bezug kommen z.B. ca. 50g Wasser in eine Brühgruppe von ca. 10kg. Daraus wird klar, dass die Brühgruppe bereits eine geeignete Temperatur haben muss, sie muss also beheizt werden. Gebräuchlich sind folgende Bauarten:
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[li]Beheizung durch Anflanschen am Kessel, auch Dipper genannt[/li]
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[li]Beheizung über einen Thermosiphon (Gruppe nicht am Kessel angeflanscht) [/li]
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[li]Elektrische Brühgruppenheizung [/li]
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== Erhitzung des Brühwassers ==
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Folgende Konstruktionen sind zur Erhitzung des Brühwassers bei Handhebelmaschinen verbreitet:
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[li][[Einkreiser]]: Direkte Entnahme aus dem Kessel[/li]
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[li][[Zweikreiser]]: Ein Wärmetauscher befindet sich im Kessel, Leitungsdruck oder eine Pumpe fördern Frischwasser durch den Wärmetasucher in die Brühgruppe[/li]
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[li]Offener HX: Der Wärmetauscher (HX) wird mit Kesselwasser gefüllt[/li]
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[li]Offener Einkreiser: Ein offener, druckloser Kessel[/li]
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Der einfachste Fall und am weitesten verbreitete Typ ist der Einkreiser.<br>
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Aktuelle Beispiele sind Astoria Perla, MayWay (Izzo) Pompei oder Maschinen der Marke Bosco.
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Das unter Druck stehende Kesselwasser hat eine Temperatur von deutlich mehr als 100°C, was der Espressobereitung grundsätzlich abträglich ist. Die Brühgruppe übernimmt die Aufgabe, das Wasser auf die angestrebten 90-96°C abzukühlen. Wenn mit der Espressomaschine auch Milch geschäumt werden soll, braucht der Kessel sogar eine Temperatur von 115-125°. Die Brühgruppe muss dem Brühwasser also bis zu 30°C entziehen. Dies kann ein Nachteil dieser einfachen Baurt sein. Bei laufenden Bezügen, z.B. in einem Restaurant, heizt sich die Gruppe auf. Das Problem entschärft sich, wenn man mehrere Gruppen im Wechsel nutzen und der einzelnen Gruppe so mehr Zeit zum Abkühlen geben kann.
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Zweikreismachinen<br>
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Bekannte Vertreter sind [[Brugnetti Aurora]] oder [[Strega|Bezzera Strega]]. Das Wasser wird mit Pumpe oder Leitungsdruck durch den Wärmetauscher gefördert. Bei laufenden Bezügen ist diese Bauart temperaturstabiler. Darüberhinaus kann die Verwendung von Frischwasser statt Kesselwasser geschmackliche Vorteile bringen.
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Offener Zweikreiser<br>
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Vertreter dieser Bauart ist z.B. Faema Lambro oder [[Londinium_I|Londinium L1]. Im wesentlichen ist dies ein Einkreiser mit einem HX, der nicht mit Frischwasser sondern mit Kesselwasser und Kesseldruck gespeist wird. Diese Bauart kann sinnvoll bei Thermosiphonmaschinen verwendet werden. Der ständige Wärmebedarf des Thermosiphons kühlt das Wasser im HX gegenüber dem Kesselwasser etwas ab. Im Stillstand kann der Kessel dadurch mit etwas höherem Druck für besseres Schäumen betrieben werden. 
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Offener Einkreiser<br>
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Diese Bauart wurde vor allem für Haushaltsmaschinen der 1960er Jahre verwendet, z.B. [[FE-AR_La_Peppina]]. In einem offenen hochgelegenen Kessel wird Wasser zum Kochen gebracht.
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== Besondere Eigenschaften ==
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Sonderfall Haushaltsmaschinen mit kleinen Brühgruppen:
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Kleine Handhebelmaschinen für den Haushalt mit an den Keesel angeflanschter Brühgruppe sind relativ populär. Durch ihre kleinen Brühgruppen können sie aber nur für die ersten Bezüge das Kesselwasser auf Brühtemperatur abkühlen.  Nach ein paar Bezügen ist die kleine Brühgruppe so heiss, dass der Espresso mit der unverminderten Wassertemperatur des Boilers zubereitet wird. Leider ist das zu heiß und der Kaffee verbrennt. Der Folge dieser Überhitzung kann man begrenzt entgegenwirken, indem man nach jedem Bezug den Siebträger auskühlen lässt oder mittels kaltem Wasser nachhilft.
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Um dieses Überhitzungsproblem zu vermeiden, gibt es noch eine weitere, allerdings nicht sehr verbreitete Bauweise des "offenen" Kessels: Hier hat das Wasser nur die espressotauglichen 90-96°; ergo muss auf Milchaufschäumen verzichtet werden. Bei der [[Mini Gaggia]] läuft das Brühwasser vermittels Schwerkraft in den Brühzylinder, der dann per Federkraft durch den mit Kaffeemehl gefüllten Siebträger in die Tasse entleert wird. Ein weiterer bekannter Vertreter ist [[FE-AR La Peppina]].
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Auch diese Bauweise ist für den Hausgebrauch konzipiert. Der Unterschied zwischen den Gastros und den Heimvarianten lässt sich am einfachsten über die Dimensionierung der Maschinen begreifen. Die Gastros sind wirklich wahre Monster, was sich schon im Vergleich zur Haushaltsmaschine doppelten Druckzylinderinhalt von zwei Portionen Espresso bemerkbar macht. Die "kleinen" bieten nur einen Espresso per Hebelbewegung. Natürlich ist bei den Gastros dann auch die gesamte Brühgruppe wesentlich massiver ausgelegt - muss doch die doppelte Menge Heißwasser kontinuierlich gekühlt werden. Das erhöhte Gewicht der gesamten Maschine ist der Standfestigkeit bei der Hebelbedienung durchaus zuträglich: Sie bleibt unverrückt auf dem Tresen und das bei notwendigen längeren Hebeln, sprich dementsprechend höheren Kräften. So schön und funktionell diese meist mindestens zweigruppig ausgelegten Maschinen sind, in einer Haushaltsküche ist für solch ein Gerät eher kein Platz.
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Einige HandhebelMaschinen werden mit einem Wärmetauscher im ausgestattet und sind damit Zweikreiser.
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*[http://www.francescoceccarelli.eu/index_eng.htm Francesco Cecarellis Handhebel-Seite mit ausführlicher Pavoni-Historie]
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*[http://www.orphanespresso.com/ Orphan Espresso - viele Bilder (und Ersatzteile) von seltenen Handhebelmaschinen]
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[[Kategorie:Handhebelmaschinen]]
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[[Kategorie:Technik]]
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