Latte Art für Fortgeschrittene

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Hinweis:
Dieser Artikel richtet sich spezifisch an Fortgeschrittene, die mit dem Milchschäumen bzw. Latte-Art-Zeichnen Probleme haben. Für eine Anleitung "von Anfang an" siehe die beiden Artikel zum Milchaufschäumen sowie (daran anschließend) zur Latte Art


Einleitung

Dieser Artikel stammt aus einem Thread im Kaffee-Netz-Forum und wurde verfaßt von jemandem, der selber Probleme bzw. nie geklärte Fragen zu Latte Art hatte und dann mit Hilfe eines Videos von Marcus ein regelrechtes Aha-Erlebnis hatte. Denn eigentlich ist die ganze Sache kein Hexenwerk oder Ursache großen motorischen Geschickes, man muss nur wissen wie, dann klappt es relativ schnell. Und hier steht's:

Lektion 1: Das Schäumen

1. Das Video von Blu anschauen

Es zeigt Marcus beim Gießen und ist hier zu sehen. Das wichtigste jedoch ist zunächst nicht zu sehen, sondern zu hören: "Es ist nicht viel mehr geworden" sagt Marcus. AHA! Denn:


2. Für cremigen, feinen LA-Schaum nur kurz ziehen

...und dann Rollen bis die Temperatur stimmt. Das Zeitverhältnis ist wahrscheinlich von Maschine zu Maschine verschieden, bei meiner Uno ist es ungefähr 1/3 Ziehen 2/3 Rollen, wenn nicht sogar 1/4 Ziehen und 3/4 Rollen. Warum?


3. Das Wichtige ist für LA nicht, dass der Schaum schön voluminös ist

Im Gegenteil: schön flüssig! Also ein bißchen Luft unterheben und dann alles schön glattwirbeln. Man muss ein bißchen experimentieren, damit man nicht zu flüssigen Schaum hat, aber ruhig Mut beim zunächst ungewöhnlichen Verkürzen der Zeit zum Ziehen. Man muss wegkommen von dem "Volumengedanken", das ist wirklich der Schlüssel. Denkt immer an "Es ist nicht viel mehr geworden."


4. Exkurs: Falls das mit dem Rollen nicht so ganz klappt

Dann hilft diese Anleitung:

  • Lanze knapp unter die Oberfläche tauchen und schäumen, so dass gerade eben keine Luft eingezogen wird.


  • Eine Stellung finden, in der die Milch komplett durch die Kanne wirbelt, wie in einer Steil-Kurve immer an der Wand entlang. Je nach Maschine und der Stellung der Lanze (schräg wie bei meiner Uno oder weniger schräg wie bei den meisten anderen Maschinen oder gerade wie bei der Gaggia CC) ist diese Position eine andere. Eins dürfte jedoch bei allen gleich sein:
a) Die Lanze muss nicht in die Mitte der Kanne, sondern etwas versetzt eingetaucht werden, so wie die Nadel auf einer Schallplatte liegt:
Die richtige Lanzenposition
Der rote Pfeil zeigt die Soll-Wirbelbewegung der Milch an.
b) Die Tiefe des Eintauchens ist eher gering. Auch das gehört zu den Fehlbeschreibungen selbst in guten Büchern, dass man zum Rollen die Lanze schön in der Kanne versenken muss. Totaler Quatsch, was man braucht ist nur die Tiefe, die gerade eben keine Luft unter die Milch zieht. Wenn man tiefer geht, wird der Schaum nicht effektiv genug verwirbelt und wird nicht so glatt und cremig.
  • Wenn die besagte Wirbel-Steilkurven-Bewegung der Milch eingetreten ist, ein wenig hochziehen um Luft unterzuheben.


  • Die detaillierte Beschreibung führt vielleicht von der Zeitvorstellung des ganzen Prozesses in die Irre, in der Praxis geht der aber relativ schnell, wenn man einmal die Lanzenposition für obige "Milchbewegung" gefunden hat. Also Lanze rein, Dampf auf, Wirbeln, dann kurz ziehen, Lanze wieder ein bißchen zurück, weiterrollen bis auf Temperatur (zu heiß für die Pfoten), fertig.


  • Gerd rät: Die Lanzenposition läßt sich auch super finden, indem man Wasser zum Üben nimmt, dann verschwendet man keine Milch dafür und kann schon mal ein sehr gutes Gefühl für den Steilkurven-Strudel in der Kanne bekommen.


Lektion 2: Das Gießen

Auch einfach, kein Witz:

1. Der erste "Schluck" muss sitzen

Toll, hat jeder schon überall gelesen, man muss unter die Crema kommen blabla. In Wirklichkeit ist es sau, saueinfach: Wieder das Video von Blu feat. Marcus anschauen. Wie macht Marcus das? Kanne gegen den Tassenrand und vorsichtig kippen. Fertig. Keine Hektik, kein Ruck, keine Vorsicht. Einfach nur gegen den Rand stützen und kippen. Die Bewegung des Schaumes dann ist genau richtig, um unter die Crema zu kommen und der "Fluß" läßt sich super unter Kontrolle halten. Wirklich sehr einfach.


2. Das Gießen sollte sofort bzw. zügig nach dem Schäumen passieren

Nur frischer Schaum ist wirklich gut, ansonsten trennen sich Flüssigkeit und Schaum wieder auseinander. Wenn das sofortige Gießen aus irgendwelchen Gründen nicht möglich ist, muss der Milchschaum durch kreisende Schwenkbewegungen in Bewegung gehalten werden, um das Trennen zu verhindern. Aber ist nur eine Notlösung, am besten ist frischer Schaum.


Tja: Das ist das ganze Geheimnis, denn wenn die Form der Tasse halbwegs normal ist (v.a. ein runder Boden oder Runde Seitenwände, keine zylindrischen Formen), kann nach dem Kippen erstmal grundsätzlich nichts mehr schiefgehen. Klar, für ein präzises Ergebnis braucht man Übung. Aber nicht für das grundsätzliche Vorgehen: Wenn der Schaum nicht zu dick ist (s.o.) und man den ersten "Schluck" richtig in die Tasse bringt (s.o.), entsteht IMMER irgendein Ansatz von Latte Art. Wie gekonnt die Figur dann wird, hängt von der Begabung und/oder Übung ab. Ein Bäumchen oder eine Variation davon ziert inzwischen jeden Cappu des Autors und der ist alles andere als motorisch begabt.


Video

Der komplette Prozess des Aufschäumens läßt sich sehr gut in diesem tollen Video sehen. Gut sichtbar:

  • Die "Tonarmposition" der Dampflanze
  • Die Wirbelbewegung der Milch
  • Den geringen Unterschied der Eintauchtiefe beim Ziehen und Rollen
  • Das Gießen der Latte-Art-Figur

Achtung: Der Ton ist offensichtlich versetzt, deshalb hort man den Geräuschunterschied zwischen Ziehen und Rollen nicht an der richtigen Stelle.

Equipment-Tips

Die Kanne und Ihre Merkmale sowie auch die Tassen können ein Faktor sein, die das Gelingen beeinflussen. Für entsprechende Tips siehe direkt im Latte-Art-Artikel.

Danke

Danke an die Mitglieder des Forums Kaffee-Netz.de, insbesondere an

  • Marcus: Für seine zahlreichen Tips und für seine Rolle als Protagonist in dem oben verlinkten Video
  • blu: Für das Aufnehmen ebendieses VIdeos auf dem Boardtreffen 2006
  • Alle anderen für das tolle Feedback und die Unterstützung beim inhaltlichen Ausbau durch gezieltes Fragen, Diskutieren und Antworten


Christian Weinert